Der Glaube an Hexen durchzieht verschiedene Kulturen, Religionen und die gesamte Geschichte der Menschheit. Doch was ist eigentlich eine Hexe? Im Volksglauben ist dies die Bezeichnung für eine Frau, die im Dienste des Teufels steht. Durch den dämonischen Pakt erlangte sie übernatürliche Fähigkeiten, welche die Hexe nutzt, um ihrer Umwelt Schaden zuzufügen.
Die Göttin der Antike
Der Glaube an die dämonische Zauberkundige der Zwischenwelt war bereits bei verschiedenen Völkern des Altertums verbreitet. In den antiken Mythen der Germanen, aber auch in den Erzählungen des Orients und innerhalb der Sagen der griechischen Antike tauchten Frauen auf, die mithilfe von Magie Menschen angriffen und schädigten.
Der Ursprung der Hexerei soll jedoch auf die griechische Göttin Hekate zurückgehen. Diese wurde aus einem kleinasiatischen Kult im 8. oder 7. Jahrhundert v. Chr. in die griechische Mythologie aufgenommen. Dargestellt wird sie als lichtbringende und jugendliche Göttin der Verwandlung, Magie und Nekromantie und als Wächterin der Tore zwischen den Welten. Im Zeitalter der Antike besaß Hekate zahlreiche Beinamen wie Phosophoros (die Lichtbringerin), Propylaia (die Torhüterin) oder Soteira (Die Heilerin). Einer ihrer Beinamen war auch in den darauffolgenden Jahrhunderten in den Köpfen der Menschen verankert: Melana (die Schwarze). Melana verkörperte die dunkle Seite Hekates und durch die Propaganda des Mittelalters war sie seitdem auch die dämonische Muttergöttin aller Hexen.
Neben Hekate existieren in der griechischen Mythologie weitere Wesen, die als Ursprung der Hexen angesehen werden. Zu diesen zählen die Gorgonen: Drei Schwestern, die sich durch Athenes Verfluchung in furchterregende Monster verwandelten. Sie sind die Töchter des Meeresgottes Phorkys und des Meeresungeheuers Keto. Während die Schwestern Stheno und Euryale weitestgehend unbekannt sind, genießt die dritte im Bunde, Medusa, eine große Bekanntheit. Vor ihrer Enthauptung besaß diese die Fähigkeit, Menschen und Tiere durch einen einzigen Blick zu Stein zu verwandeln. Zudem werden die drei Gorgonen durch eine übernatürliche Überzeugungsgabe, unzerbrechliche Flügel und Zähne aus Gold gekennzeichnet.


Die Gejagte des Mittelalters
Der Tatbestand der Schadenzauberei existierte bereits im antiken römischen Recht, und die Verbrennung von Zauberern wurde schon bei den Germanen durchgeführt, die systematische Hexenverfolgung begann jedoch erst im ausgehenden Mittelalter. Missernten, Unwetter, Totgeburten – für all diese tragischen Ereignisse hatte man zu Beginn dieses neuen Zeitalters eine Verantwortliche auserkoren: die Hexe.
Seitdem das Christentum im Jahr 380 durch den römischen Kaiser zur Staatsreligion erhoben wurde, entbrannte ein aktives Vorgehen gegen Häretiker und Ketzer – somit gegen all jene, die von der offiziellen Lehre abwichen. Ab dem frühen Mittelalter wurden auch Hexen der Liste der Verfolgten hinzugefügt. Sie sollten ebenso wie Ketzer einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben und sich mit der Zauberei befassen. Besonders Frauen wurden zur damaligen Zeit der Hexerei beschuldigt, da sie laut den damaligen christlichen Ansichten von Natur aus triebhaft und verdorben seien. Zudem arbeiteten Frauen in Bereichen wie der Essenszubereitung, der Krankenpflege und Kindererziehung, weshalb sie leichter mit schlechten Speisen, Krankheiten und plötzlichen Kindstoden in Verbindung gebracht werden konnten. Zeitgleich stellten die Menschen eine Liste von Merkmalen zusammen, die eine Hexe enttarnen sollten. Auf dieser waren Eigenschaften zu lesen wie: eine schiefe Nase, Warzen, tiefliegende Augen, rotes Haar oder Sommersprossen.
Gerichtlich geahndet wurde die Hexerei ab dem Jahr 1326, urkundlich beglaubigt wurde die Hexenverfolgung knapp 100 Jahre später, 1484, durch die Hexenbulle. Mit dieser begannen auch die Hexenprozesse, für deren Durchführung der bloße Verdacht genügte. Offiziell diente ein solcher Prozess der Wahrheitsfindung. Die Mittel und Wege, die gewählt wurden, um ein Geständnis zu ermitteln, machen jedoch deutlich, dass die angeklagten Frauen bereits mit der Verdachtsäußerung verurteilt wurden. So waren beschuldigte Hexen gezwungen, sich eine der folgenden Proben zu unterziehen: der Folter-, Feuer-, Eisen- oder Wasserprobe.
Die Wasserprobe stellte das Hexenbad dar. Bei diesem wurde die Angeklagte in einen See, Fluss oder Teich geworfen. Wenn die vermeintliche Hexe dabei ertrank, war sie unschuldig, wenn sie an der Oberfläche schwamm, war sie der Hexerei schuldig und wurde hingerichtet. Bei der Eisenprobe wurde glühendes Metall in die Hände der Frau gelegt. Zeichneten sich anschließend auf der Haut Verbrennungen ab, wurde sie als Hexe entlarvt und war folglich dem Tod geweiht. Ein ähnliches Vorgehen wurde bei der Feuerprobe gewählt, bei der sich die Angeklagte mit dem nackten Gesäß auf loderndes Feuer setzen musste. Löste das Feuer Verletzungen aus, wurde die Angeklagte verurteilt. Somit endeten die Prozesse für die verdächtigten Frauen stets mit dem Todesurteil, das oftmals durch das Verbrennen auf dem Scheiterhaufen vollzogen wurde.


Insgesamt fielen den Prozessen zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert mindestens 50.000 Menschen zum Opfer, von denen 80 Prozent Frauen waren. Die Mehrzahl der Hexenverfolgungen fand in Mitteleuropa und dort besonders in Frankreich, im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, in Polen und in der Schweiz statt. Die letzte offizielle Hinrichtung nach einem Hexenprozess wurde im europäischen Raum im Jahr 1782 in der Schweiz vollzogen.
Zur Zeit des Mittelalters existierte die Unterscheidung zwischen schwarzer und weißer Magie kaum. Damals waren die Menschen überzeugt, dass die Magie der Hexen dem Bösen entsprang und nur Unheil bringen kann. Aus diesem Grund wurde sie auch Schadenszauberei genannt. Moderne Hexen sind der Auffassung, dass neben der dunklen Form von Zauberei auch die weiße Magie existiert, die ihren Ursprung in der Natur besitzt und zur Heilung eingesetzt wird.
Moment mal, moderne Hexen? Wer glaubt, dass die Hexerei mit dem Übergang zur Neuzeit ausstarb, irrt sich. Denn der Glaube an die übernatürliche Zauberkundige existiert auch heute noch und das beinahe in jedem Land der Welt. Die Jagd nach Hexen ist dagegen deutlich seltener geworden. Doch vollkommen ausgestorben ist die Verfolgung noch nicht. So wird sie in einigen Ortschaften afrikanischer Länder wie Tansania, Kenia oder Nigeria teils trotz staatlichen Verbotes, teils mit staatlicher Unterstützung betrieben. Die der Hexerei Beschuldigten erfahren noch immer Folter, tagelange Isolation und werden in seltenen Fällen sogar mit dem Tod bestraft. Zeitgleich existieren moderne Hexen auf der Welt, die sich ohne Angst vor Konsequenzen als solche bezeichnen und ein friedliches, zumeist naturverbundenes Leben führen.
Die Hexen unter uns
Die neuen Hexen praktizieren die alte heidnische Religiosität. Sie besitzen eine innige Bindung zur Natur, sind Feminist:innen und sie alle glauben an die Naturgottheit, die auch große Göttin oder Urgöttin genannt wird. Diese besitzt die Macht über die Fruchtbarkeit von Pflanzen und Tieren. Somit stellen die Hexen der Neuzeit Vermittler:innen zwischen den Menschen und der Göttin und zwischen der alten und modernen Welt dar. Die Ausformungen des Hexentums des 21. Jahrhunderts sind zahlreich und für Außenstehende nur schwer zu unterscheiden. Zwei große Gruppen lassen sich jedoch auch von Laien deutlich abgrenzen. So existieren jene Zauberkundige, die einem Hexenzirkel angehören und jene, die als freie Hexen praktizieren. Die freie Hexe versteht sich häufig als Naturheilerin, die einen breiten Wissensfundus über die Wirkung von Kräutern und Pflanzen besitzt und diese als natürliche Medizin einsetzt. In der Regel lebt sie abgeschieden von der Zivilisation und geht ihren eigenen Bräuchen und Riten nach.


Einen Hexenzirkel, den sogenannten Coven, bilden häufig Angehörige der Wicca. Wicca ist eine Mysterienreligion, die sich im Laufe der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bildete. Im Volksmund wird sie auch die Religion der Hexen genannt, da viele Wicca-Angehörige sich selbst als Hexen bezeichnen. Auch die Wicca-Anhänger:innen glauben an die Urgöttin, jedoch sehen sie an der Seite der Göttin einen gleichberechtigten männlichen Gott, der auch der gehörnte Gott genannt wird und die zweite Naturgottheit darstellt. Es existieren viele verschiedene Wicca-Ausprägungen mit verschiedenen Regeln und Gepflogenheiten. Verbunden werden sie alle durch den Wicca-Jahreskreis und durch die acht Hexenfeste. Diese bestehen aus vier keltischen Hochfesten oder Feuerfesten und vier Sonnenfesten. Die moderne Hexe muss zudem nicht zwingend weiblich sein. So besteht die Anhängerschaft der Wicca auch aus zahlreichen Männern, die sich mit der Hexerei identifizieren.
Julia ist die Ambivalenz auf zwei Beinen. Sie lebt einerseits mit Dinosauriern und Shakespeare in der Vergangenheit, ihr (seit drei Jahren) fast vollendeter Debüt-Roman spielt jedoch in der Zukunft. Sie wollte eigentlich etwas "Sicheres" studieren und ist jetzt blöderweise im Journalismus gelandet. Dort ist sie ganz nebenbei Mate-abhängig geworden und mit ihrer Tastatur verwachsen.