Ausgabe 8Weltenbummler

VON THALE NACH GREENDALE

THALE (Sachsen-Anhalt, Deutschland)

Versteckt im Sagenharz zwischen Gebirgsvorsprüngen und tiefen Wäldern befindet sich eine Stadt, über deren Dächern altheidnische Kultstätten wie der Hexentanzplatz und die Rosstrappe beherbergt sind: Thale. Du bist gerade am urigen Bahnhof der Kleinstadt angekommen und nimmst den Weg vorbei am Hexenkessel, alten Fachwerkhäusern und dem verwinkelten Mythenweg, der dich in die germanische Götterwelt entführen will. Die Götter müssen warten, du hast ein anderes Ziel vor Augen. Bereits bei deiner Anreise musstest du stark bleiben. Beinahe hättest du deine Pläne über Bord geworfen, als du durch das Fenster die Teufelsmauer sahst. Die aus hartem Sandstein erbaute Felsformation im nördlichen Harzvorland misst eine Länge von 20 km. Du hast nur ein kleines Stück von dem steinernen Wall gesehen und warst dennoch beeindruckt. Sofort prasselten all die Legenden und Mythen um diesen geheimnisvollen Ort auf dich nieder. Die Geschichte mit dem Hahn hat dir stets am besten gefallen.

Sie besagt, dass vor abertausenden Jahren, als der Teufel und Gott die Erde unter sich aufteilten, eine Vereinbarung getroffen wurde. Dem Teufel sollte das Land gehören, welches er bis zum ersten Hahnenschrei mit einer Mauer umbauen konnte. In der Nacht, als der Teufel die Mauer zimmerte, war eine alte Frau unterwegs — im Gepäck ein Hahn. Sie stolperte in der Dunkelheit, woraufhin der Hahn erschrak und zu krähen begann. Der Teufel hörte den tierischen Laut und vor lauter Wut darüber, riss er die Teufelsmauer wieder ein. Das, was du bei deiner Fahrt nach Thale gesehen hast, sind die Überbleibsel jenes Tobsuchtanfalles.

Du bist standhaft geblieben und hast deinen Weg fortgesetzt. Nun fährst du mit der Seilbahn zum sagenumwobenen Bergplateau im östlichen Harz: dem Hexentanzplatz – deinem Ziel. Denn dein Herz schlägt nicht für Götter und Dämonen. Du interessierst dich für die Wesen dazwischen: Hexen. Der Mythos besagt, dass seit jeher die Hexen des Harzes in der Nacht des 30. Aprils, der Walpurgisnacht, sich auf dem Brocken zu einem dämonischen Fest treffen. Doch bevor der Tanz um das Hexenfeuer und die Paarung mit dem Teufel beginnen kann, versammeln sich die Hexen auf dem Hexentanzplatz. Auf diesem lebte einst die böse Hexe Watelind, die das Oberhaupt aller Hexen war. Als dieses rief sie Hexenversammlungen ein, leitete Diskussionen und sprach Urteile. Watelind soll zahlreiche fromme Jungfrauen vom Weg der Tugend abgebracht haben und sie zu neuen Hexen verwandelt haben, um so ihre Gefolgschaft zu vergrößern.

Obwohl die Oberhexe schon seit etlichen Jahrhunderten nicht mehr auf dem Hexentanzplatz im Harz lebt, ist dieser noch immer ein Ort voller Magie und ein Magnet für tausende Menschen und Hexen.

GREENDALE (USA; Chilling Adventures of Sabrina)

Greendale ist nicht nur die Heimat der bekannten Hexe Sabrina Spellman, die Stadt ist auch der Ort, an dem Luzifer nach dem Sturz vom Himmel gelandet sein soll. Seitdem ist Greendale das Verbindungstück zwischen der sterblichen und der unsterblichen Welt. Ein Ort voller Sagen, Mythen und Magie. Als du in der schaurigen Kleinstadt eintriffst, steht Zelda Spellman, Sabrinas Tante und Hohepriesterin der Kirche der Nacht, an dem morschen Ortsschild und begrüßt dich herzlich. Sie weiß, dass du noch viel lernen musst und verliert daher keine Zeit, dir die Geschichte der Hexen der Stadt zu erzählen.

Als die Verfolgungen in Europa und Salem ihren Höhepunkt erreichten, flüchteten zahlreiche Hexen in die Wälder und Hügel Greendales. Sie wähnten sich in Sicherheit, doch die Sterblichen bemerkten die magischen Nachbarn. Dreizehn Hexen wurden von den Menschen verdächtigt, gefoltert und getötet. Der Zirkel der Dreizehn kam ihren Schwestern nicht zur Hilfe. Sie akzeptierten die Opfer, um selbst in Sicherheit leben zu können. Dies erzürnte die toten Hexen, weshalb sie seitdem die Stadt heimsuchen, um sich an dem Zirkel Kirche der Nacht und an der gesamten Stadt zu rächen.

Während dir Zelda die Geschichte des Zirkels anvertraut, läuft dir ein eisiger Schauer über den Rücken. Du versuchst, dir nichts anmerken zu lassen. Still folgst du Sabrinas Tante, bis ihr vor der Akademie der Unsichtbaren Künste steht: dem Internat für Hexen und Hexer. Du spürst, dass der Ort nur so vor Magie übersprudelt. Dies liegt nicht nur an den übernatürlichen Schüler:innen, sondern auch an der Architektur des Gebäudes. Denn die Akademie wurde nach dem Prinzip der heiligen Geometrie erbaut. Jedes Zimmer ist ein perfektes Pentagramm und das Foyer wird von einer Statue des Dunklen Lords, des Teufels, geschmückt. Gerne würdest du dir auch Sanctum, die alte Bibliothek der Akademie, ansehen, doch Zelda scheucht dich weiter, denn bald beginnt das Fest des Festmahls. Bei diesem jährlich stattfindenden Ritual wird eine Hexe ausgewählt, die ihr Leben opfern muss. Die Erwählte ist die Königin des Festes und muss als solche neben ihrem Leben auch ihr Fleisch anbieten. Für viele Hexen ist es eine Ehre, zur Königin ausgewählt zu werden – du kannst auf diese Ehre jedoch getrost verzichten. Neben der Königin wird eine Magd bestimmt, die alles tun muss, was die Königin von ihr verlangt. Zurück geht diese Tradition auf die Hexe Freya, die ihr eigenes Fleisch anbot, um ihren Zirkel vor dem Verhungern zu bewahren. In diesem Jahr musst auch du an der Lotterie teilnehmen. Nachdem die Namen der Auserwählten verlesen werden, atmest du gelöst aus. In diesem Jahr wird eine andere Hexe als Festmahl dienen.   

Julia ist die Ambivalenz auf zwei Beinen. Sie lebt einerseits mit Dinosauriern und Shakespeare in der Vergangenheit, ihr (seit drei Jahren) fast vollendeter Debüt-Roman spielt jedoch in der Zukunft. Sie wollte eigentlich etwas "Sicheres" studieren und ist jetzt blöderweise im Journalismus gelandet. Dort ist sie ganz nebenbei Mate-abhängig geworden und mit ihrer Tastatur verwachsen.

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